Inhalt der Verfassungsbeschwerde
Das Eigenmittelbeschluss-Ratifizierungsgesetz (ERatG) erklärt die Zustimmung Deutschlands zur Verschuldung der Union in Höhe von 750 Mrd. Euro mit einer Laufzeit von 38 Jahren. Diese Verschuldung ist Teil des Eigenmittelbeschlusses des Rates vom 14. Dezember 2020.
Der Eigenmittelbeschluss tritt erst in Kraft, wenn alle Mitgliedstaaten nach deren verfassungsrechtlichen Vorschriften zugestimmt haben. Ist eine Zustimmung erteilt, kann sie aber nicht mehr zurückgeholt werden. Deshalb muss durch einen Antrag an das Bundesverfassungsgericht gesichert werden, dass Deutschland seine Zustimmung nicht erteilt, bevor über die Verfassungsmäßigkeit des Zustimmungsgesetzes entschieden ist.
Durch die Zustimmung zur Verschuldung der Union wird das Finanzierungssystem der EU grundlegend verändert. Es ist der Weg in die Fiskalunion. Davon wird auch der selbstständige Gestaltungsspielraum der deutschen Haushaltspolitik berührt. Deswegen hat das Zustimmungsgesetz zumindest verfassungsändernde Wirkung. Es bedarf daher jedenfalls – wie ein verfassungsänderndes Gesetz – der Zweidrittel-Mehrheiten in Bundestag und Bundesrat.
Geplanter Rechtsweg
Der oben beschriebene Antrag an das Bundesverfassungsgericht wurde am 22.3.2021 gestellt. Wir beantragen aber auch, dass das Bundesverfassungsgericht prüft, ob das Zustimmungsgesetz nicht ohnehin verfassungswidrig ist, also Deutschland der vorgesehenen Verschuldung der Union gar nicht zustimmen darf. Denn damit würde die demokratische Verfassungsidentität des Grundgesetzes verletzt. Dabei geht es vor allem um zwei Gesichtspunkte:
- Zum ersten verstößt die Ermächtigung zur Verschuldung der Union gegen die bestehenden Verträge, ist also ein Ultra-vires-Akt.
- Denn zum einen handelt es sich bei Ermächtigung zur Aufnahme von Fremdmitteln nicht um eine Entscheidung über die Eigenmittel der Union, die allein in einem Eigenmittelbeschluss enthalten sein kann.
- Zum anderen werden die Mitgliedstaaten zur gegenseitigen Ausfallhaftung für die aufgenommenen Schulden verpflichtet, was gegen das grundlegende Unionsprinzip verstößt, dass die Mitgliedstaaten in ihrer Fiskalpolitik eigenverantwortlich handeln und nicht wechselseitig für ihre jeweiligen Verbindlichkeiten einstehen.
- Zum zweiten führt die Zustimmung zur Verschuldung der Union dazu, dass der Bundestag nicht mehr Herr seines Budgetrechts ist.
- Denn zum einen sehen die Regelungen über die Haftung für aufgenommenen Schulden vor, dass allein die Kommission darüber entscheidet, ob und wann, in welcher Höhe und von welchem Mitgliedstaat sie Beiträge für die Rückzahlung der Schulden einfordert.
- Zum anderen ist die Obergrenze für die Haftung der Mitgliedstaaten so hoch gelegt, dass potentiell allein Deutschland für die gesamte Schuldensumme von 750 Mrd. Euro in Anspruch genommen werden könnte.
Verfahrensverlauf
Eilantrag (eA) gegen den Eigenmittelbeschluss der EU wurde abgelehnt
Das Bundesverfassungsgericht hat am 21. April 2021 unseren Antrag auf einstweilige Anordnung abgelehnt. Deutschland darf der Kreditaufnahme der EU und der Vergemeinschaftung von Schulden in Höhe von 750 Milliarden Euro vorläufig zustimmen. Ob das mit dem Grundgesetz vereinbar ist, bleibt allerdings offen.
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