Verfassungsbeschwerde gegen die Zustimmung Deutschlands zur Kreditaufnahme der EU
Am 25.3.2021 hat der Bundestag dem Eigenmittelbeschluss zugestimmt. Die Zustimmung des Bundesrates erfolgte am 26.3.2021.
Der Vorgang ist ungeheuerlich, weil die EU nach den Europäischen Verträgen verpflichtet ist, ihren Haushalt “vollständig aus Eigenmitteln” zu finanzieren (Artikel 311 AEUV). Schulden sind keine Eigenmittel. Sie sind Fremdkapital. Mit einer windigen juristischen Konstruktion versucht die EU, den klaren Willen der Verträge zu umgehen.
Das aktuelle Vorgehen steht im unmittelbaren Widerspruch zur Antwort, die die EU-Kommission am 3.6.2015 auf die Anfrage eines Europaparlamentariers gab: “Was die Verpflichtung zum Ausgleich des EU-Haushalts anbelangt, so lautet die übereinstimmende Auslegung dieses Artikels im Laufe der Zeit, dass der EU-Haushalt nicht durch die Ausgabe von Staatsschulden ausgeglichen werden kann.”
Während der Beratung im Bundestag äußerte sich der Bundesfinanzminister nicht etwa kritisch zum Vertragsbruch und zu der Tatsache, dass durch die Verschuldung des EU-Haushalts die von Deutschland lange abgelehnte Haftungsunion der Mitgliedsstaaten geschaffen wird, sondern bejubelte dies geradezu: “Es ist der Weg in die Fiskalunion und es ist ein guter Weg für Europas Zukunft”.
Alternative Vorschläge zur Überwindung der Corona-Krise
Bei der Verfassungsbeschwerde geht es keineswegs darum, die Anstrengungen zur Überwindung der Corona-Krise zu hintertreiben. Im Gegenteil: Wir sind fest davon überzeugt, dass es richtig ist, wenn die Mitgliedsstaaten der EU derzeit auch hohe Schulden in Kauf nehmen, um denen zu helfen, die schuldlos in ihrer wirtschaftlichen Existenz gefährdet sind oder medizinische Unterstützung brauchen.
Aber Schulden müssen im Einklang mit geltendem Recht aufgenommen werden. Nichts spricht dagegen, dass die Mitgliedsstaaten der EU dies in eigener Verantwortung tun und nichts spricht dagegen, dass sie einen Teil der aufgenommenen Mittel der EU zur Verfügung stellen, um der EU die Finanzierung von Gemeinschaftsaufgaben zu ermöglichen. Wir schaffen das! Selbst ein hochverschuldetes Land wie Italien muss zur Zeit für eine zehnjährige Staatsanleihe weniger als 0,5% Zinsen aufwenden.
Jeder EU-Mitgliedsstaat ist frei, soviele Mittel zur Krisenbekämpfung einzusetzen, wie es ihm nötig erscheint. Aber gerade in einer Krise sollten staatliche Gelder sinnvoll und effizient verwendet werden. Das wird vor allem dadurch gewährleistet, dass man sein eigenes Geld einsetzt. Wer die Gelder anderer Staaten ausgeben darf, neigt zu Verschwendung, Ineffizienz und Über-Inanspruchnahme. Das wollten die Gründungsväter der EU verhindern, als sie der EU untersagten, ihren Haushalt mit Fremdmitteln zu finanzieren.
Bündnis Bürgerwille lässt die Rechtmäßigkeit der Schuldenaufnahme höchstrichterlich überprüfen
Uns allen liegt die Zukunft Europas am Herzen – sie darf aber nicht durch einen eklatanten Rechtsbruch gefördert werden. Die EU hat in den letzten Jahren stets auf rechtsstaatliches Verhalten ihrer Mitgliedsländer gedrungen. Sie muss sich an diesen Maßstäben auch selber messen lassen.
Deshalb sollte die Rechtsmäßigkeit der Schuldenaufnahme durch die EU höchtsrichterlich überprüft werden. Bündnis Bürgerwille hat deshalb Herrn Prof. Dr. iur. Hans-Detlef-Horn, Universität Marburg, mit der Erarbeitung einer Verfassungsbeschwerde beauftragt. Die Verfassungsbeschwerde wird geführt von einer Gruppe von Hochschullehrern, überwiegend Professoren für Volkswirtschaftslehre oder Betriebswirtschaftslehre.
Am 26.3.2021 wurde von uns Verfassungsbeschwerde erhoben, die u. a. von Prof. Dr. Bernd Lucke, Prof. Dr. Ing. E.h. Hans-Olaf Henkel, Prof. Dr. Joachim Starbatty, Prof. Dr. Roland Vaubel und Prof. Dr. Jörn Kruse geführt wird. Insgesamt 2281 Bürger haben sich der Verfassungsbeschwerde angeschlossen
Der Anschluss an die Verfassungsbeschwerde ist nicht mehr möglich. Sie können das Verfahren jedoch gern mit einer Spende unterstützen:
Inhalt der Verfassungsbeschwerde und juristisches Vorgehen
Deutschland muss den Eigenmittelbeschluss des EU-Rates formell ratifizieren. Dies kommt der Zustimmung zu einem völkerrechtlichen Vertrag gleich. Deshalb darf das Zustimmungsgesetz (vermutlich) bereits angefochten werden, bevor es vom Bundespräsidenten unterzeichnet wird. Wir beabsichtigen, beim Bundesverfassungsgericht zunächst eine einstweilige Anordnung zu beantragen, die die Ausfertigung des Gesetzes bis zur Klärung der anhängigen Rechtsfragen unterbindet. Ehe Deutschland nicht ratifiziert hat, ist die EU nicht ermächtigt, Kredite aufzunehmen.
In der eigentlichen Verfassungsbeschwerde werfen wir dann eine formale und eine materielle Rechtsfrage auf. Die formale Rechtsfrage bezieht sich darauf, ob das Zustimmungsgesetz nicht eines Gesetzgebungsverfahrens bedurft hätte, in dem der Bundestag mit Zweidrittelmehrheit zustimmen muss, weil faktisch durch das Zustimmungsgesetz eine wesentliche Änderung der EU-Verträge erfolgt und das grundgesetzlich geschützte Budgetrecht des Deutschen Bundestages angetastet wird.
Zur materiellen Rechtsfrage machen wir geltend, dass es für den Eigenmittelbeschluss des Rates keine Ermächtigung im Unionsrecht gibt. Dies ist die sog. “ultra-vires-Kontrolle”, die sich aus Art. 38 Abs. 1, Art. 23 Abs. 1 Art. 79 Abs. 3 des Grundgesetzes ableitet. Zweitens machen wir geltend, dass der Eigenmittelbeschluss die haushaltspolitische Gesamtverantwortung des Bundestages beeinträchtigt – dies ist die sog. “Verfassungsidentitätkontrolle”. [Weitere Informationen zum Inhalt der Verfassungsbeschwerde]
Wir würden uns sehr freuen, wenn Sie uns auch finanziell unterstützen wollen, sind wir für eine Spende auf das Konto von Bündnis Bürgerwille e. V., Volksbank Ahrweiler, IBAN DE57 5776 1591 0415 6723 00, sehr dankbar. (Spenden sind innerhalb der gesetzlichen Höchstgrenzen steuerlich absetzbar. Eine Spendenquittung geht Ihnen unaufgefordert zu.)
Beiträge zur Verfassungsbeschwerde