Das Bundesverfassungsgericht wurde heute (22.3.2021) über die geplante Verfassungsbeschwerde informiert. Mit diesem Schritt soll verhindert werden, dass der Bundespräsidenten unmittelbar nach dem Beschluss im Bundestag/-rat das Gesetz ausfertigt. Dadurch würde eine völkerrechtlich wirksame Ratifizierung erfolgen, die nicht mehr rückgängig gemacht werden kann.
Erster Schritt der Verfassungsbeschwerde
bis zum heutigen Tag (22.3.2021) haben sich ihr 2231 Personen der Verfassungsbeschwerde angeschlossen. Damit haben wir bereits deutlich mehr Unterstützer gefunden als bei der Klage gegen die Staatsanleihenkäufe der EZB im Jahre 2015, die von 1734 Personen unterstützt wurde.
Heute wurde der 1. Schritt getan: Unser Prozessvertreter, Herr Prof. Dr. Hans-Detlef Horn, hat heute dem Bundesverfassungsgericht ein Schreiben zugestellt, in dem er unsere Verfassungsbeschwerde und den damit einhergehenden Antrag auf einstweilige Anordnung ankündigt. Er verbindet dies mit der Bitte, dass das Bundesverfassungsgericht den Bundespräsidenten darum ersuchen möge, das von uns angefochtene “Eigenmittelratifizierungsgesetz” (ERatG) nicht zu unterzeichnen, ehe das Bundesverfassungsgericht nicht über die Verfassungsbeschwerde befunden hat.
Der Hintergrund zu diesem Schritt ist folgender: Der Bundestag wird das ERatG am kommenden Donnerstag in dritter Lesung beschließen. Einen Tag später tagt der Bundesrat, der ebenfalls zustimmen muss. Zwar steht das ERatG noch nicht auf der Tagesordnung des Bundesrates, aber es könnte kurzfristig darauf gesetzt werden. Bundesfinanzminister Scholz hat mündlich angekündigt, eine Beschlussfassung des Bundesrates bereits am 26.3. anzustreben.
Es hat in der Vergangenheit Gesetzgebungsverfahren gegeben, bei denen der Bundespräsident unmittelbar nach der Verabschiedung im Bundestag oder Bundestag das Gesetz unterzeichnet und damit in Kraft gesetzt hat. So geschehen am 18.11.2020 beim kontroversen Infektionsschutzgesetz (Beschluss von Bundestag, Bundesrat und Unterzeichnung durch den Bundespräsidenten am selben Tag!) oder am 22.5.2010 beim heftig umstrittenen ESM-Gesetz (Beschluss des Bundestages und Unterzeichnung durch den Bundespräsidenten am selben Tag trotz gestellten Antrags auf einstweilige Anordnung!).
Derartiges darf in dieser Woche nicht passieren, denn mit der Ausfertigung durch den Bundespräsidenten hätte die Bundesrepublik Deutschland das ERatG bereits völkerrechtlich wirksam ratifiziert. Der Beschluss könnte dann auch durch das Bundesverfassungsgericht nicht mehr rückgängig gemacht werden.
Unser heutiger Brief dient dem Ziel, zu verhindern, dass das ERatG am Freitagnachmittag gleichsam handstreichartig in Kraft gesetzt wird, ehe das Bundesverfassungsgericht auch nur Zeit hat, den Eingang einer Verfassungsbeschwerde zur Kenntnis zu nehmen. Denn sicherlich rechnet die Bundesregierung mit Verfassungsbeschwerden und könnte versucht sein, diese durch eine überraschende Verfahrensbeschleunigung ins Leere laufen zu lassen.
Mit unserem heutigen Brief hat das Bundesverfassungsgericht die Möglichkeit, den Bundespräsidenten rechtzeitig zu ersuchen, die Unterzeichnung des Gesetzes auszusetzen, bis über seine Verfassungskonformität entschieden worden ist. Der Bundespräsident wird diese Bitte kaum abschlagen können, denn schließlich ist auch er verpflichtet, jedes Gesetz auf seine Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz zu überprüfen.
Wir haben uns entschieden, unseren heutigen Schritt durch eine Exklusivberichterstattung der Frankfurter Allgemeinen Zeitung öffentlich zu machen, damit eventuelle Verfahrenstricks für den Gesetzgeber mit Ansehensverlusten in der breiten Öffentlichkeit verbunden wären. In einem Rechtsstaat kann und darf es nicht sein, dass der Gesetzgeber versucht, die gerichtliche Kontrolle der von ihm verabschiedeten Gesetze zu unterbinden, obwohl jedermann bekannt ist, dass diese Kontrolle von einer großen Anzahl von Bürgern beantragt wird.
Möglicherweise wird die Bundesregierung gerade wegen unseres heutigen Schrittes von einer überraschenden Beschleunigung des Gesetzgebungsverfahrens absehen. Dann würde der Bundesrat voraussichtlich erst am 7. Mai bei seiner nächsten Plenarsitzung dem ERatG zustimmen. In diesem Fall werden wir bis dahin natürlich auch noch um weitere Unterstützer unserer Verfassungsbeschwerde und um weitere Spenden zur Finanzierung unseres Vorgehens werben.