Rechtsgutachten: Anleihekäufe weichen eindeutig vom Kapitalschlüssel ab

Prof. Friedrich Heinemann vom ZEW hat eine Studie zum Staatsanleihekaufprogramm (PSPP) der EZB veröffentlicht. In dieser Studie wird nachgewiesen, dass die Anleihekäufe der EZB eindeutig vom Kapitalschlüssel abweichen und systematisch die hochverschuldeten Länder bevorzugen und diese Länder, vor allem Italien, mittlerweile hochgradig abhängig sind von dieser Form monetärer Staatsfinanzierung. Ich habe heute eine Brief an Mario Draghi, den Präsidenten der EZB, geschickt, mit der Forderung die Anleihekäufe unter diesen Umständen einzustellen.

 

Sehr geehrter Herr Draghi,

der EZB-Rat hat im Rahmen des PSPP präzisiert, dass das ESZB Staatsanleihen gemäß den Kapitalanteilen der EZB kaufen würde. Eine aktuelle Studie des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), erarbeitet durch meinen Kollegen Prof. Dr. Friedrich Heinemann, hat jedoch zum zweiten Mal bestätigt, dass die Anleihekäufe des ESZB systematisch von dieser Aufschlüsselung abweichen.

Beunruhigend daran ist, dass die Verzerrung im Zeitablauf zugenommen hat. Noch beunruhigender ist, dass die Käufe, bei denen die Kapitalanteile der der entsprechenden Länder überschritten wurde, Länder betreffen, bei denen die Märkte ein höheres Risiko eines Staatsbankrotts sehen. Das Risiko wird folglich auf die Anteile der anderen Eurozonen-Länder übertragen.

Sie haben oft betont, dass die Operationen der EZB strikte geldpolitische Operationen innerhalb ihres Mandats darstellen. Als solche sollten sie neutral und nicht zugunsten einzelner Länder verzerrt sein. Jede Zusammenführung von Kreditrisiken, die im Rahmen von geldpolitischen Operationen der EZB als unvermeidlich eingeschätzt wird, muss streng den Kapitalanteilen der EZB entsprechen. Das ist genau das, was der EZB-Rat in seiner Entscheidung zum PSPP gewährleisten wollte. Einige Länder als Trittbrettfahrer mit ihren Ausfallrisiken mit den Kapitalanteilen anderer Länder fahren zu lassen, liegt mit Sicherheit außerhalb des geldpolitischen Mandats der EZB.

Die Studie von Prof. Heinemann legt nahe, dass die gravierenden Verzerrungen bei den PSPP-Käufen im Zeitablauf aufgrund der Knappheit geeigneter Titel wie sie von der EZB definiert wurden (Kreditrating, Emittenten- und Ausgabebeschränkung) weiter zunehmen werden. Daher bin ich tief besorgt, dass künftige Käufe der EZB innerhalb des PSPP noch stärker von den rechtlichen Voraussetzungen abweichen werden.

Bitte teilen Sie mir mit, ob Sie meine Befürchtungen teilen. Sollte die EZB außerstande sein, das PSPP-Programm wie festgelegt durchzuführen, sollte die EZB dieses Programm unverzüglich abbrechen und ich fordere Sie auf, dies zu tun.

Mit freundlichen Grüßen

(Prof. Dr. Bernd Lucke)